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News: Auf dem Holzweg

Eine lang gesuchte Römerstraße ist nun endlich ans Tageslicht gekommen. Sie führte am Rhein und Limes entlang und verband die wichtigen Siedlungen Ulpia Noviomagus (Njimwegen), Colonia Ulpia Traiana (Xanten) und Colonia Agrippina (Köln) mit der holländischen Küste. Bislang bestand der einzige Beweis für ihre Existenz aus zwei sehr kleinen Abschnitten, die bei Praetorium Agrippina (Valkenburg) und Laurum(Woerden) gefunden worden waren. Ein holländischer Archäologe enthüllte nun die wechselvolle Geschichte der antiken Straße.
Während Sicherungsausgrabungen vor Bauarbeiten in einem großen Vorstadtgebiet in der Nähe von Vleuten (Niederlande) entdeckte der Archäologe E. Graafstal etwa 2,5 Kilometer einer fünf Meter breiten römischen Straße. Er erwartet, daß noch wesentlich mehr gefunden wird, da die Baupläne der Projektentwickler für die nächsten fünf bis zehn Jahre weiter nach Westen führen.

Über den Verlauf der Straße rätselten holländische Archäologen bereits seit vielen Jahrzehnten. Das römische Grenzsystem – der Limes – deutete darauf hin, daß sie sich irgendwo entlang des Rheins befinden mußte. Nach Graafstal wurde ihre Entdeckung durch die Verwendung ortsüblicher Materialien wie Äste, Schilf, Bretter und Kiesel erschwert. Graafstal stieß per Zufall auf die Straße, als er die Ausgrabung eines kleinen künstlichen Sees beaufsichtigte. Die weiteren Forschungen enthüllten eine Fülle von Einblicken in den römischen Straßenbau unter den Bedingungen der holländischen Flußregionen.

Die römischen Ingenieure planten die Straße hauptsächlich auf dem erhöhten Flußufer und möglichst weit vom Fluß entfernt, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Ein Lücke im Uferbereich wurde durch Erde und Lehm geschlossen, um den Verlauf der Straße möglichst horizontal zu halten. Schon bald nachdem die Bauarbeiten beendet waren, änderte der Fluß seinen Lauf und kam sehr nahe an zwei Punkte der Straße innerhalb eines 2,5 Kilometer langen Abschnitts heran. Dort waren die Römer gezwungen, eine Bohlenbefestigung zu errichten.

Doch dies blieb nicht das einzige Problem, mit dem die römischen Straßenbauer konfrontiert wurden. Die Straße am Flußufer diente tatsächlich auch als eine Art Sommerdeich, obwohl sie nicht für diesen Zweck erbaut worden war. Meist blieben die Probleme auf jahreszeitliche Überflutungen beschränkt, die einige Abschnitte der Straße so sehr beschädigten, daß sie repariert werden mußten. Aber um 125 n. Chr. wurde der Fluß für einige Jahre zu einer schwerwiegenderen Bedrohung, da er über seinen üblichen Pegelstand angestiegen war. Bei einem Versuch, den Druck auf die Straße abzuschwächen, öffneten die Römer die geschlossene Lücke im Flußufer und errichteten eine darüber eine Brücke, so daß das Wasser in die Sumpfgebiete im Süden abfließen konnte.

Die Entstehungszeit der Straße ist nach wie vor unsicher. Um 47 n. Chr. herum war das römische Grenzsystem im betreffenden Teil der Niederlande eingeführt worden. Man sollte also erwarten, daß die Straße zur selben Zeit entstanden ist. Aber bis heute deuteten dendrochronologische Datierungen (Zeitbestimmungen anhand von Baumringen) auf den Beginn des letzten Jahrzehnts des ersten Jahrhunderts hin. Die Zeiten der zwei größeren Reparaturaktionen gelten dagegen als ziemlich gesichert. Der Archäologe Graafstal vermutet, daß die Kaiser Traian und Hadrian die Befehle hierzu erteilt haben. Beide reisten regelmäßig durch das römische Reich, beide waren durchgängig bestrebt, die Verteidigung zu stärken, und beide waren zwei Jahre vor den großen Reparaturen in den betreffenden Gebieten anwesend – Hadrian auf dem Weg nach Britannien, wo er seinen berühmten Wall errichten ließ.

Römische Meilensteine die in der Nähe von Den Haag gefunden wurden – einer davon trägt den Namen des Kaisers Decius – lassen vermuten, daß die Straßenreparaturen bis in die Mitte des dritte nachchristlichen Jahrhunderts fortgeführt wurden. Aber Spuren dieser Zeit fehlen in dem mehr oder weniger zerstörten Abschnitt, den Graafstal entdeckt hat. Vielleicht hatten die Römer diesen aufgegeben und eine neue Straße an anderer Stelle gebaut. Dies wäre in einem gewissen Sinn die erste Erfahrung für das gewesen, was den Holländern noch bevorstand: die Notwendigkeit eines kontinuierlichen Kampfes mit dem Wasser.

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