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Tumordiagnostik: Trainierte Fadenwürmer erkennen Krebszellen

Wenn Fadenwürmer die Wahl haben, dann kriechen sie in Richtung von Lungenkrebszellen: Sie erkennen Tumoren am Geruch. Kann die Medizin das für Krebstests nutzen?
Fadenwurm

Seit Langem wissen Mediziner, dass eine Krebserkrankung sich auch durch Duftstoffe verrät: Mit ihrer feinen Nase können etwa Hundeoder Mäuse am Körpergeruch oder an Urinproben von Patienten erkennen, ob Tumoren im Körper heranwachsen. Für eine sichere Diagnose in der praktischen Krebsmedizin taugt dies allerdings nicht – schon allein deshalb, weil Hunde den Krebsgeruch zwar zuverlässig erkennen dürften, sich in der Praxis aber daran gewöhnen und oft ablenken lassen. Bereits seit einigen Jahren arbeitet eine japanische Arbeitsgruppe daher an einer möglichst im Medizinbetrieb alltagstauglichen Alternative: der Krebsdiagnose mit auf Tumorduft abgerichteten Würmern.

Dies macht nun Fortschritte, berichtet ein Team um Nari Jang von der Myongji University in Südkorea jetzt auf der Frühjahrsfachtagung der American Chemical Society. Auch das Team aus Südkorea setzt dabei auf den in vielen biologischen Laboren ggern gehaltenen Fadenwurm Caenorhabditis elegans. C. elegans erspürt mit einer Vielzahl von olfaktorischen Rezeptoren Duftstoffe und schlängelt sich dann in die Richtung höher konzentrierter Komponenten.

Auf diese Weise reagieren die Fadenwürmer auch auf die für Menschen blumig riechende, flüchtige Verbindung 2-Ethyl-1-Hexanol. Wie die Forscher in Experimenten herausarbeiten konnten, sind Ethylhexanole unter anderem biologische Lockstoffe von Blüten, die damit Insekten anziehen; sie werden aber beispielsweise auch von Pilzen zur Täuschung produziert. Bekannt ist zudem, dass Lungenkrebszellen 2-Ethyl-1-Hexanol abgeben; die Fadenwürmer können an dieser Substanz also Tumoren erkennen. Der Krebsgeruchsstoff findet sich auch im Urin von Patienten.

Das Team um Jang will mit seiner Erkenntnis nun ein für die Krebsmedizin einsetzbares Testkit entwickeln: eine kleine, chipartige Kriechkammer mit Verzweigung für wenige Nematoden. Diese orientieren sich darin in Richtung von Krebszellen oder -extrakten und sammeln sich innerhalb von einer Stunde in der Verzweigung, in die attraktive Testsubstrate getropft werden. Gesunde Körperzellen ignorieren die Würmer dagegen.

Krebstest in der Wurmkriechkammer | In der Testkammer müssen sich umherkriechende Fadenwürmer zwischen zwei möglichen Wegen an einer Verzweigung entscheiden. In Experimenten kriechen sie auf einer Agaroberfläche dabei häufiger in eine Richtung, aus der ein attraktiver Duft weht und sammeln sich dort an.

Das funktioniert in ersten Prototyp-Kriechkammern schon recht gut. Noch sei der Test aber nicht ganz praxisreif, weil derzeit nur etwa 70 Prozent von frisch eingesetzten Fadenwürmern Krebszellen erkennen. Die Erkennungsrate ließe sich aber leicht steigern, sagen die Autoren, indem sie Fadenwürmer auf die attraktive Duftkomponente trainieren. Dies ist bei C. elegans gut möglich, wie Forschende seit Langem wissen. Der Fadenwurm lernt zum Beispiel recht schnell, für ihn schädliche Bakterienkolonien am Geruch zu erkennen und zu meiden. Ebenso lassen die Würmer sich auf attraktive Duftkomponenten trainieren – oder eben auf den Duft von Tumoren. Trainierte Würmer in den Testkammern würden sich genauso gut für schnelle Diagnosen eignen wie Hunde, sie wären aber in jedem Fall verlässlicher und leichter einsetzbar, sagen Jang und seine Kollegen.

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