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Von Trunkelbeeren und Krötenschnaps. Pflanzen und Tiere mit Nebenwirkungen

Der Hang des Menschen zu Drogen ist so alt wie der Mensch selbst: Unsere Vorfahren verwendeten Pflanzen nicht nur um zu heilen, sondern auch um die Zukunft vorherzusagen und um mit den Göttern in Kontakt zu treten. So wurde etwa das Bilsenkraut bereits vor 10 000 Jahren für rituelle und schamanische Zwecke benutzt. Antiken Autoren war die Pflanze wohlbekannt, und die Germanen würzten damit ihr Bier, um einen ordentlichen Rausch zu bekommen. Im antiken Griechenland verwendete man Lorbeersamen und -blätter um Hellsichtigkeit zu erlangen und Wahrsagen zu können. Auch im alten Rom wurden Opfergaben an die Götter immer zusammen mit Lorbeer und Wacholder verbrannt. Die Alraune, die bereits auf assyrischen Keilschriftentafeln erwähnt wird, diente in der Antike als Schlaf- und Betäubungsmittel. Und im ältesten chinesischen Kräuterbuch — dem Pen Tsao Chin — wird bereits die berauschende und aphrodisierende Wirkung der Fugu-Fische beschrieben. Lorbeerblätter und Wacholderbeeren sind zumindest den Hobbyköchen von heute noch vertraut, aber die wenigsten haben jemals eine Alraune oder das Bilsenkraut gesehen. Der moderne Mensch verwendet andere Drogen — zum Beispiel Kokain oder Marihuana; aber auch in Kaffee, Tee und Tabak sind psychoaktive Substanzen enthalten. Das Buch „Psychoaktive Pflanzen, Pilze und Tiere“ von Andreas Alberts und Peter Mullen gliedert sich in drei Teile. Zunächst erhält der Leser eine Einführung in die wichtigsten Begriffe und die Systematik der Drogen und Rauschmittel. Dabei wird auf die Ernte, Trocknung und Aufbewahrung sowie die Qualitätsprüfung von Arzneipflanzen kurz eingegangen. Im Artenteil werden dann 110 Pflanzen, Pilze und Tiere auf jeweils einer Doppelseite vorgestellt. Der Text informiert über Verbreitung, Blütezeit, Vorkommen, Inhaltsstoffe, Geschichte, Wirkungsweise sowie traditionelle und medizinische Verwendungen. Die schönen und aussagekräftigen Fotos bieten dem Leser auch optisch einen Genuss. Im Anhang wird schließlich der chemische Aufbau der psychoaktiven Substanzen dargestellt. Die Adressen der Giftnotzentralen sowie ein ausführliches Register runden den Naturführer ab. Mit „Psychoaktive Pflanzen, Pilze und Tiere“ ist den Autoren ein solides und ansprechendes Buch gelungen. Details sind aber noch verbesserungsfähig. So könnte für die nächste Auflage die Anzahl der vorgestellten Arten erhöht werden. Denn besonders der Teil, in dem die Tiere mit psychoaktiver Wirkung behandelt werden, ist arg kurz geraten, und es ist schade, dass das Kapitel über den berühmten Fugu-Fisch — der in Japan noch heute auf so mancher Speisekarte steht — mit zwei völlig anderen Vertretern aus der Verwandtschaft der Kugelfische illustriert wurde. Dennoch: Alle, die an Biologie, Pharmazie, Medizin oder Ethnobotanik interessiert sind, finden hier eine Fülle von Informationen — auch das Rezept für Krötenschnaps.

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