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Benz-Mythos. Der Vater unseres liebsten Kindes blickt zurück

Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind. Betreibt man Ursachenforschung, könnte man auf die Idee kommen, dies auf den Vater des Automobils, Karl Benz, zurückzuführen. Nichts ist dazu besser geeignet, als seine kürzlich wiederaufgelegte Autobiografie „Lebensfahrt eines deutschen Erfinders“. Im hohen Alter schaute der erste Autonarr der Geschichte 1924 auf sein Leben zurück. Zur Verwunderung des Lesers erblickt er dabei weniger Drehbänke und Zahnräder, als vielmehr ein Schwarzwaldidyll, das der Autor immer wieder aufs Neue in blumigen bis schwülstigen Worten als den Ort seines Wirkens beschreibt. Die Erfindung – oder besser Entwicklung – des Automobils wird eher episodenhaft eingestreut und nicht als zentrales Thema behandelt. Viele Fotos und technische Zeichnungen aus der Hand des Autors lockern den Text auf. Dazwischen wettert Benz munter über die Konkurrenz, bringt Anekdoten aus den Jahren der ersten Autofahrer, beschreibt den Umgang mit seinen Mitarbeitern und schildert seine Einstellung zu den verschiedenen politischen Weltlagen, die er erlebte – wobei er aus seiner deftig deutschnationalen Gesinnung keinen Hehl macht. Man weiß also nichts rechtes anzufangen mit diesem Buch. Technische Aspekte von Benz’ Erfindung sind sicher in anderen Werken besser dargestellt. Der Ingenieur wird bestenfalls Trost in Tatsachen wie der finden, dass auch schon vor 100 Jahren der am Reißbrett perfekte Prototyp dem Vater des Automobils in der Praxis dann in der Kurve umfällt. Trotzdem werden dem Bild von Karl Benz viele interessante Facetten hinzugefügt. Ein Nachwort würde dem direkten Nachdruck der Originalausgabe gut tun. Eines wird jedoch bei der Lektüre klar: Der Virus der Besessenheit vom Auto – er lag schon dessen Vater im Blut.

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